Die ephemeren Kunst-Aktionen in Leipzig seit den 1980er Jahren sind tatsächlich wenn nicht vergessen, mindestens in der Summe unterbewertet. Weniges – die Aktionen von Lutz Dammbeck, Hartwig Ebersbach und der Gruppe 37,2, von Jörg Herold – fand Eingang in die Darstellungen über die Kunst in der DDR. Die Galerie KUB, mit der ihr eigenen Aufmerksamkeit für Performance die beste Adresse dafür, beginnt jetzt, auch die vielen Nebenschauplätze der „Aktionskunst in der DDR“ zu erkunden. Wer so etwas erlebt hat, ist gebeten zu erzählen (kontakt@galeriekub.de).
In einem aufwändigen Interviewprojekt haben Jens Pfuhler und Jens Mattner bereits zwei Dutzend Zeitzeugen befragt. Aber noch längst ist keine Übereinkunft erreicht, die mehr als einen typologischen Verdacht formulieren könnte. Gewiss: es ging räudig zu, spielerisch, meist expressiv, anti-autoritär – aber das ist viel zu allgemein. Es gab schon Ende der 80er Jahre zelebriert rituelle Gegenbewegungen (Akos Novaky) Größere Ereignisse, wie das Festival im „Kreiskulturhaus Coswig“ legen nahe, eine gehörige Aggression als dominierenden Ausdruck anzunehmen, nicht zuletzt durch die Nähe zum Punk (aber bestand die in Leipzig?, und nach 1990 zerfiel sie sofort).
Der Zusammenschnitt (von Jens Pfuhler) solcher Aktionen, die zwischen 1990-1994 um die Festivals des „Mobilen Büros für Erdanglegenheiten“ stattfanden, macht neugierig, was damit damals bezweckt wurde. Die ersten 90er Jahre hatten bekanntlich so viel chaotischen Freiraum, dass sie viel genauer erfragt werden sollten. Wie viele Bücherdiebe aus dieser Zeit kenne ich selbst… Von Berlin aus wurde bald darauf „Ladendiebstahl“ als eine Aktionskunst propagiert.
Der Titel „Kollektiver Kreativismus“ schreckt ab. Mit dem Kollektiv wird ohnehin falsch hausiert, und wo ginge das Wort ähnlich fehl wie bei der subjektiven Performance, oder Aktionskunst? Aber man ahnt, was gemeint ist, und es ist ein Anfang. Die kleine Ausstellung in der Galerie KUB zeigt einige Filme, das genannte Interviewprojekt, etliche Fotos und eine Dokumentationswand, vor allem aber eine Skizzenfolge von Hartwig Ebersbach zur Aufführung der „Missa Nigra“ von Friedrich Schenker von 1978 oder 1979. Erstaunlich detailliert notiert der Maler Regieanweisungen, und in seinen Zeichnungen ist zwar beste expressive Verdichtung, aber man möchte sogar noch etwas Max-Schwimmersche Eleganz darin aufblitzen sehen. Das ist auch eine Überraschung.
Comments are disabled for this post