Neulich kam ich bei einer Ausstellungseröffnung neben einen original Leipziger Galeristen zu sitzen. Er war Gast wie ich in dieser Galerie, und als Nebenbemerkung einer gentillesse meinte er, dem gerade eröffnenden Kollegen sei wohl „zu teuer“, Geld für die Eröffnungsrede eines Kunstwissenschaftlers, -kritikers usw. auszugeben. Ich entgegnete, dass ich diesen Gedanken bei den in Leipzig dafür angebotenen Honoraren witzig finde, zu teuer, da die Honorare zuweilen schon von der Gewinnspanne einer mittelgroßen Grafik locker übertroffen werden.
Verwunderlich sind die geringen Honorarangebote nicht, denn dieses Gerede ist überflüssig, es wirkt an der Preisfeststellung und Werterarbeitung nicht mit. Bessere Honorare sind vertretbar, wo Gewinn an Renommee erzielt werden kann, also eine als bedeutend respektierte Figur im Kunstbetrieb ihre hohen Worte über einen Künstler spricht; und dann werden sie auch gezahlt. Zwar kennen Artnet und Konsorten zur konnotativ-taktischen Wertfixierung wohl erst die Rubrik „stellt aus mit“ (dem und der KünstlerIn), doch eine Rubrik „wird eröffnet von“ würde der gleichen Logik folgen. Nonames wie unsereinem sollte verboten werden, über Künstler zu sprechen, die sich einen Namen machen wollen, es ist kontraproduktiv.
Gleichwohl kommt es zu solchen Eröffnungsreden, denn es gibt periphere Gründe dafür und Gewohnheiten. Dass dafür das Honorar sehr bescheiden bleiben muss, liegt einerseits also auf der Hand. Weil dies andererseits Arbeit macht, fällt aus der Perspektive derjenigen, denen diese Arbeit Zeit und Mühe kostet, regelmäßig auf, wie schlecht sie entlohnt wird, also wie schlecht bewertet sie ist.
Dem widersprach der Galerist neben mir mit wunderbarem Charme. Also wir, sagte er, bewerten das hoch. Wir, sagte er, wissen natürlich, dass das viel mehr Wert ist, so eine Eröffnungsrede. Wir sind uns bewusst, dass wir nur eine Aufwandsentschädigung, gewissermaßen ein Anerkennungshonorar bezahlen dafür, dass der Redner antrete. Er gewinne doch auch anders dabei. Machen denn Kunstwissenschaftler etc. dies nur für Geld? Sie hätten doch Freude dabei, und es sei doch für sie willkommener Anlass, sich mit dieser Kunst auseinanderzusetzen usw. Das bereichert doch, also erzielen Eröffnungsredner den Rest des Honorars in anderer Währung.
Der Galerist kam ein wenig ins Stottern, hatte wohl gemerkt, was er da sagte, und bekräftigte zum freundlichen Schluss noch einmal: Wirklich, dass das viel mehr Wert ist, das wissen wir, uns ist klar, dass wir nur eine Anerkennung bezahlen.
Selbstverständlich hat er Recht mit dieser Ermunterung zur Lebenskunst: was ist ein Lohn gegen das Gefühl des Gelingens! Lust machte er mir allerdings auch, demnächst einmal in seine Galerie zu gehen und etwas mitzunehmen… zum Anerkennungspreis, versteht sich.
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